Deutsche Minderheit in Slowenien

Überparteilicher Schulterschluss im Nationalrat (Entschließung): deutschsprachige Minderheit in Slowenien soll offiziell anerkannt werden. Außenministerin Karin Kneissl wird beauftragt, diesbezüglich auf Slowenien einzuwirken.

 

17.5.2018  Wien – ÖVP und FPÖ argumentieren, dass die deutschsprachige Minderheit in Slowenien nicht länger benachteiligt werden darf. Slowenien wird aufgefordert, den deutschsprachigen AltösterreicherInnen dieselben Rechte einzuräumen wie der italienischen und ungarischen Volksgruppe. Im Gegensatz dazu habe Österreich in den letzten Jahren viel für die slowenische Minderheit gemacht. Auch Harald Trochs (SPÖ) kritisert, dass die deutschsprachige Minderheit nicht gleichberechtigt sei, von einem Schutz könne keine Rede sein. Die Größe der Minderheit dürfe dafür nicht ausschlaggebend sein, welche Rechte sie hat. In Slowenien habe sich nach Ansicht der Außenministerin an der Situation der deutschsprachigen Minderheit seit den 2000er Jahren nichts geändert. Bei ihrem letzten Slowenien-Besuch habe sie das Anliegen, die Volksgruppe in Verfassungsrang zu heben, bereits geäußert. Eine entsprechende Resolution des Nationalrates an die Regierung gab es zuletzt im Jahre 2014.1 

 

Antwort Sloweniens: In Slowenien ist keine Anerkennung der Deutschsprachigen als Minderheit in Sicht. Es sind keine Verfassungsänderungen geplant, so der slowenische Außenminister Karl Erjavec.2 
Dazu Kommentare auf RTV SLO. Die österreichische Forderung wird, von wenigen Ausnahmen abgesehen, strikt abgelehnt:

 

  • In Slowenien gibt es keine österreichische Minderheit. Auch jene, die hier waren, haben ihre Nationalität nach den vielen Verbrechen der österreichischen SS-Maschinerie aufgegeben!
  • Also das österreichische Parlament will unserem Parlament diktieren, was zu tun ist? Es sollen sich lieber alle österreichischen Kärntner mit den Namen Gostentschnigg, Lutschovnigg und ähnlichen Iggs fragen, wo ihre Wurzeln sind und warum sie nun die größten Deutschen sind?
  • Nach dem österreichischen Schlüssel werden wir bald die Araber anerkennen müssen.
  • Dies ist der Anfang zum Anschluss Sloweniens an Österreich. Das ist der erste Schritt, denn die Zweisprachigkeit wird wahrscheinlich in ganz Slowenien gelten, weil es keine deutschsprachige Region gibt, wie dies für die italienische und ungarische Sprache der Fall ist.
  • Bald heißt es Marburg…
  • Die Österreicher haben halt erkannt, dass der Angriff die beste Verteidigung ist. Anstatt die Probleme unserer autochthonen Minderheit in Kärnten und in der Steiermark, die ausstirbt, zu lösen, greifen sie uns an, weil wir ihre Minderheit nicht anerkennen. Diese Minderheit gibt es aber gar nicht, es sind lauter Migranten, wie bei ihnen die Türken oder sonst wer, die in Wien leben.
  • Nur wenn sie sich für das Ethnozid an den Kärntner Slowenen entschuldigen und ermöglichen, dass alle Kärntner (auch die Deutschsprachigen) 100 Jahre ausschließlich in slowenischer Sprache unterrichtet werden… Dann vielleicht!.  
  • Lassen wir die Geschichte. Die Nachfahren der Deutschen leben sicher unter uns. Das Abstaller Feld und die Gottschee sind dafür lebende Beweise!!! Vielleicht bringt uns die Anerkennung auch irgendwelche Vorteile!!!
  • Österreicher, macht Slowenien deutsch, bitte. Unsere Politiker balkanisieren Slowenien bewusst.
  • Dem slowenischen, vom Staat geförderten Chauvinismus muss man die Flügel stutzen. (…) Es ist eine Ironie, dass die slowenische Minderheit in beiden Staaten, in Österreich und Kroatien, anerkannt ist, während die beiden Minderheiten der erwähnten Staaten in Slowenien nicht anerkannt sind. (…) Ich frage mich, was folgen wird, wenn der Chauvinismus in den allerhöchsten staatlichen Instanzen die Ketten ablegen wird. Werden mittelalterliche Pogrome folgen? Oder außergerichtliche Morde?
  • Die deutsche Minderheit ist nach dem 1. Weltkrieg größtenteils ausgewandert, die Übrigen haben aber die Kommunisten nach dem 2. Weltkrieg ermordet (auch Verwandte von mir).
  • Noch zu wenige hat man (ermordet), wenn man nämlich alle beseitigt hätte, würden wir heute nicht mehr von Domobranzen, Tschetniks und Ustascha reden.
  • Die Idee einer Anerkennung wäre vor 100 Jahren sinnvoll gewesen, heute aber gibt es bei uns keine Deutschen mehr. Viele sind nach dem 1. Weltkrieg ausgewandert bzw. sie wurden vertrieben, der Rest aber nach dem 2. Weltkrieg. Ansonsten sollen sie zuerst unsere Minderheit versorgen. 
  • Die deutsche Minderheit ist nicht autochthon. Die autochthone Minderheit wurde nach dem Krieg vertrieben. Die Leute hier sind größtenteils zugewandert oder sie sind hinsichtlich ihrer Abstammung unaufrichtig. (…)
  • Haha, sogar die Roma bekämen früher ihre Minderheit als die Österreicher.
  • Aotochthone Deutsche gibt es so viele wie autochthone Chinesen. Sie sollen lieber für unsere Minderheit sorgen und sich für die manipulierte Kärntner Volksabstimmung entschuldigen.
  • Keine Panik. Wir werden 30 Jahre verhandeln und dann können wir an einer Hand die Haiderianer zählen. – Maister, wo bist du?
  • Wenn sie Geld riechen, könnten aus den Mlinarji Müller weden.
  • Wenn Österreich öffentlich und schriftlich die historische Tatsache der Germanisierung einbekennt und auch einbekennt, dass faktisch die Hälfte ihrer Staatsbürger germanisierte Slawen (Slowenen und Tschechen) sind ( 4 Mill.), dann werden auch wir vielleicht diese übrig gebliebenen Nachkommen der deutschen Kolonnen anerkennen. Vielleicht. Sie sollen aufhören, Mist zu machen.
  • Die Österreicher sollen Slowenien Kärnten und einen Teil der Steiermark zurückgeben, dann können wir weiterreden. Der Slowene ist nicht mehr ein deutscher Knecht.
  • Die Österreicher achten nicht einmal alle Rechte unserer Kärntner und Steirer. Was wäre erst, wenn die rund 5.000 Slowenen, die in Wien leben, irgendwelche Rechte forderten. Man würde sie auslachen.
  • Die österreichischen Kärntner und Steirer sind nicht verrückt, dass sie zu Slowenien zurück wollten; eher werden sich Teile Sloweniens Österreich anschließen.
  • (…) Österreich ist der einzige Staat, der Slowenien hinsichtlich der Arbitrage öffentlich unterstützt hat. Warum fürchtet ihr euch vor deutschen zweisprachigen Ortstafeln, schon derzeit gibt es viele davon im ganzen Staat.
  • Arme Slowenen…ihr seid mit allen Nachbarn zerstritten, habt Angst vor den Italienern, Österreichern, Deutschen, Kroaten, Ungarn. Damit das Maß voll ist habt ihr auch vor euch selber Angst…
  • Eine deutschsprachige Minderheit gibt es in Slowenien fast nicht mehr, denn sie wurde nach dem Krieg von der jugoslawischen Obrigkeit vertrieben. Das bezeichnet man heute als ethnische Säuberung. Es gibt keinen Grund, warum man diesen, einige Hundert Seelen nicht den Status einer Minderheit zuerkennen könnte, da sie ja einmal in diesem Gebiet massenhaft präsent waren. Heute haben wir aber Minderheitenrechte für alle Völker aus dem ehemaligen Jugoslawien und auch für die Albaner, obwohl es sich dabei um Migranten und nicht um autochthone Einwohner handelt. Aber in „Jugoslowenien“ ist es üblich gegen die Germanen zu sein, obwohl sie 20.000 slowenischen Familien das tägliche Brot geben.4

 

Hinweise:

  1. Ähnliche Bedenken und Befürchtungen hat es in den 1970er Jahren auch in Kärnten hin-sichtlich der Forderungen der slowenischen Minderheit gegeben. Die slowenische Minderheit sei zahlenmäßig zu klein, lebe in Streulage und müsste zunächst gezählt werden, so die Kärntner Argumentation. Je kleiner eine Minderheit, umso größer müssen ihre Rechte sein, damit sie überleben kann, so die Argumente von slowenischer Seite. Es ist davon auszugehen, dass die deutsche Minderheit in Slowenien nun die Argumente übernehmen wird, die von Slowenien und der slowenischen Minderheit erfolgreich gegen Österreich vorgebracht worden sind. Es dürfte aber auch eine historische Tatsache sein, dass erst die damaligen Sprengstoffanschläge, als Kärnten also am Rande eines Bürgerkrieges stand, unter der Kärntner Bevölkerung ein Um-denken zu Gunsten der slowenischen Minderheit bewirkt haben.
  2. Mit Schreiben vom 15.1.1992 teilte der österreichische Außenminister Alois Mock seinem slowenischen Amtskollegen Dimitrij Rupel mit, dass die Republik Österreich die Republik Slowenien als unabhängiges und souveränes Mitglied der Staatengemeinschaft anerkennt. Weiteres heißt es wörtlich: „Österreich geht davon aus, dass die Republik Slowenien auf den auch in internationalen Vereinbarungen festgelegten Prinzipien der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte aller Volksgruppen, beruht. Die volle Beachtung dieser Prinzipien (…) ist die Voraussetzung für eine Aufnahme in den Kreis der demokratisch-parlamentarischen Staaten Europas“. Der slowenische Außenminister antwortete am 16.1.1992 wie folgt: „Die unabhängige und souveräne Republik Slowenien wird die Prinzipien der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte achten.  Dazu gehören selbstverständlich auch die Rechte aller Volksgruppen. (…) Gestatten Sie mir, geehrter Herr Minister, dass ich mich bei dieser Gelegenheit im Namen der slowenischen Regierung und im eigenen Namen bei der öster-reichischen Regierung, dem österreichischen Außenministerium und bei Ihnen persönlich für alles bedanke, was Sie für Slowenien geleistet haben. Unser Dank gilt ins-besondere für all das, was Sie in den darmatischesten Augenblicken und Phasen der slowenischen Verselbständigung getan haben. Das, sehr geehrter Herr Minister, werden wir niemals vergessen. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr Dr. Dimitrij Rupel“.5
  3. Hinsichtlich der Position der Wissenschaft wird auf die Dissertation „Ortsnamenskonflikte. Lösungswege für mehrsprachige Gebiete“ (Jörg Horn) hingewiesen: Bei der Volkszählung 1991 bezeichneten sich 1.544 Personen als Deutschsprachige, 546 als Deutsche und 199 als Österreicher, ferner 5.205 als Steirer und 74.835 als nicht zum Slowenentum gehörig“. Da sich viele Deutsche laut Stefan Karner nicht zu deklarieren getraut haben, müssten aus der Gruppe der Steirer und der Nichtslowenen weitere Personen den Deutschen hinzugerechnet werden.  Der Autor vertritt daher die wissenschaftliche Position, dass in den vergleichweise geschlossenen Siedlungsräumen der Gottschee, um Marburg und im Abstaller Feld die „Zweinamigkeit“ eingeführt werden könnte. Da der Sprachverlust nicht automatisch zum Erlöschen der ethnische Identität führe, wäre auch eine Prüfung der wohl assimilierten Sprachinsel der Gemeinden  Zarz (Sorica) und Deutschrut (Rut) angezeigt, zumal die örtliche Mundart noch stark mit deutschen Lehnwörtern durchsetzt sei.        Da gemäß der slowenischen Verfassung die Rechte der ungarischen und italienischen Minderheit unabhängig von der Zahl der Mitglieder gesichert sind (Art. 64 Abs. 4 S. 2), sollte die „meist geltend gemachte geringe Größe der deutschen Volksgruppe nicht nur unbeachtlich sein, sondern es müssten auch die verfassungsrechtlichen Garantien für die italienische und ungarische Volksgruppe auf die gleichfalls bodenständige deutsche Volksgruppe erstreckt werden (u.a. eine gesicherte Parlamentsvertretung)”. Die Dissertation wurde in der Schriftenreihe zur Kontaktlinguistik des Brüssler Forschungszentrums für Mehrsprachigkeit mit Unterstützung des Carinthian Institute for Ethnic Minorities publiziert.6
  4. Am 20.3.2018 richtete der Verband der Kuturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien einen dringenden Aufruf“ an die Regierung Sloweniens:Nach wie vor verfassungsrechtlich als autochthone sprachliche Minderheit nicht anerkannt, werden uns von Slowenien unter Missachtung der Empfehlungen des Europarates grundlegende, zum Überleben einer sprachlichen Minderheit notwendige Einrichtungen, wie Unterricht in Deutsch, angemessene Verankerung der Minderheitensprache in Hörfunk und Fernsehen und die Zuerkennung von ausreichenden Finanzmitteln vorenthalten. Ohne Nothilfe von zivilgesellschaftlicher Seite wäre schon bisher das Überleben als Volksgruppe nicht möglich gewesen. In dieser verzweifelten Lage appellieren wir als legitime Vertreter der deutschsprachigen Minderheit an die Regierung der Republik Slowenien, die Deutschsprachigen in Slowenien endlich als Volksgruppe verfas-sungsrechtlich anzuerkennen und unseren Kulturvereinen eine zur langfristig gesicherten natürlichen Entwicklung notwendige Finanzierung zuzuerkennen. Wir, seit Jahrhunderten in Slowenien siedelnden, Angehörigen der deutschsprachigen Volksgruppe fordern als treue slowenische Staatsbürger von Slowenien anerkannt, respektiert und gefördert zu werden. Wir wollen als eigenständige Volksgruppe in kultureller Verbundenheit mit dem slowenischen Staatsvolk eine dauerhafte Friedensbrücke zwischen Slowenien und Österreich bilden.

 

Laibach am 20. März 2018

Christian Lautischer, Verbandsvorsitzender, Kulturverein deutschsprachiger Jugend

Veronika Haring, Kulturverein deutschsprachiger Frauen-Brücken

RA Dušan Ludvik Kolnik, Internationaler Verein-Freiheitsbrücke

Andrej Ajdič, Kulturverein Cilli an der Sann

Urša Kop, Gottscheer Altsiedler Verein

Dargo Schweiger, Gottscheer Verein

David Urbanič, Kulturverein Abstaller Feld“.7

 

Beachte: Seitens des Landes Kärnten gab es dazu keinen Kommentar, obzwar die Landespolitik die Verankerung der slowenischen Volksgruppe in der Kärntner Landesverfassung auch damit begründet hatte, dass man mit diesem Schritt auch Slowenien dazu bewegen wolle, die deutsche Minderheit in Slowenien anzuerkennen. Der slowenische Außenminister Karl Erjavec sagte beispielsweise zum Wahlausgang in Kärnten, dass „wir mit Kaiser viel kooperieren und viel für die slowenische Volksgruppe gemacht haben.“ Die Verankerung der slowenischen Volksgruppe in der Landesverfassung sei „eine gute Nachricht für die slowenische Volksgruppe“, so Erjavec.8

Bei einem Kärnten-Besuch im Jahre 2017 versprach Erjavec, sich für die Altösterreicher einzusetzen. „Wir werden alles daran setzen, dass sich ihr Status und ihre Lage verbessern, sagte der Außenministzer damals. Kurz zuvor hatte Staatspräsident Borut Pahor in Wien mehr finanzielle Hilfen angekündigt. „Wir wünschen uns, dass die deutschsprachige Minderheit weiter besteht, weil sie ein integraler Bestandteil unserer Kultur ist“.9 

 

Lesen Sie die Vorgeschichte:

Deutsche Minderheit in Slowenien

 

1 https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2018/PK0554/index.shtml, 17.5.2018
2 http://volksgruppen.orf.at/slovenci/meldungen/stories/2914088/, 22.5.2018
3 http://www.rtvslo.si/slovenija/erjavec-odgovarja-avstriji-slovenija-sprememb-na-podr…, Abruf: 22.5.2018
4 http://www.rtvslo.si/index.php?c_mod=news&op=print&id=455273, 17.5.2018
5 Kopien der Schreiben im Archiv des Autors
6 Jörg Horn, Ortsnamenskonflikte. Lösungswege für mehrsprachige Gebiete, 2004
7 Laibacher Zeitung, 23.5.2018, S. 3
8 http://volksgruppen.orf.at/slovenci/meldungen/stories/2905146/, 6.3.2018
9 http://volksgruppen.orf.at/slovenci/meldungen/stories/2905109, 5.4.2018