Kärnten, Europeada, FUEN, Orban, Putin…

13.6.2024: Spiegelsaal LH Peter Kaiser verabschiedet das Team Koroska-Kärnten
13.6.2024: Spiegelsaal LH Peter Kaiser verabschiedet das Team Koroska-Kärnten

Info Nr. 79

28.6.-7.7.2024  Europeada 2024 – Im deutsch-dänischen Grenzgebiet findet die Europeada statt. Das ist eine europäische Fußballmeisterschaft von Volksgruppen. Am 13.6.2024 wurden die beiden Mannschaften „Team Koroška“ von LH Peter Kaiser verabschiedet.

LH Kaiser: „Die Fußball-EM der Volksgruppen steht für tollen Sport, Respekt, Offenheit, Vielfalt und fördert den Austausch unter den autochthonen Minderheiten in Europa“.1
„Dieses Ereignis gibt dir das Gefühl, dass du die Volksgemeinschaft vertrittst und daraus entstand eine richtige Dynamik“, so Marko Ora
že. Das Team wird im deutsch-dänischen Grenzgebiet die ganze Woche der Landessportdirektor Arno Arthofer begleiten. Er wird von den Resultaten direkt LH Kaiser informieren. Der LH hat sich aber auch einen Schlachtruf ausgedacht, den er bei der Verabschiedung mehrmals wiederholte: „Ena, dva Koroška!“ (= Eins, zwei Kärnten!).2  
Dem Team Koroška wurde heuer erstmals seitens des österreichischen Sportministeriums  der Status einer offiziellen Repräsentanz verliehen und eine Unterstützung gewährt. Bei der Eröffnung der Europeada in Schleswig in Deutschland war auch der Kärntner Sportdirektor anwesend. „Auch das Land Kärnten leistet einen Beitrag von 30.000 Euro für die beiden Mannschaften. Die Europeada ist viel mehr als nur ein Fußballspiel, es ist auch eine Verbindung zwischen den Völkern und damit bin ich sehr einverstanden“, sagte uns Arthofer und ergänzte, dass in der Frauenmannschaft auch seine Nichte Celine Arthofer vertreten ist. Marjan Smid fungiert erstmals als Teamchef der Herrenmannschaft und folgte Marjan Velik nach. Velik begleitet die Mannschaft als Sportdirektor.3

Der Schirmherr dieses sportlichen Ereignisses ist die FUEN, eine Dachorganisation europäischer Minderheiten. Lorant Vincze (EPP) ist Präsident der FUEN (vormals: FUEV).
Er gilt als  Vertrauter des ungarischen Präsidenten Viktor Orban. Vincze ist Angehöriger der ungarischen Minderheit in Rumänien.  Orban gab bei dieser Minderheit eine Erklärung ab, die nicht nur von der österreichischen Öffentlichkeit heftig kritisiert worden ist. Auch das Auschwitz-Komitee war über die Aussagen empört und sprach von „rassistischen Grundtönen“. Orban sagte nämlich, dass es eine Welt gebe, „in der sich europäische Völker mit den Ankömmlingen von außerhalb Europas vermischen“. Das sei eine „gemischtrassige Welt“. Die Ungarn wollen aber nicht zu „Gemischtrassigen“ werden.4
Lorant Vincze stimmt im Wesentlichen mit Orbans Ansichten überein. Vincze: „Man kann erkennen, dass Ungarn sowohl die nationalen Minderheiten in Ungarn als auch die Ungarn im Ausland sehr unterstützt. (…) Nationalismus ist keine schlechte Sache, wenn er darauf abzielt, die nationale Identität und Kultur zu stärken und ein gemeinsames Narrativ für die Menschen zu kreieren. (…) Heute möchte Ungarn keine Immigranten als Arbeitskräfte einsetzen und dies sollte respektiert werden. Ich bin sehr enttäuscht von der Tatsache, dass die FUEN die Unterstützung der dänischen Regierung verloren hat“.5 Ungarn sei laut Vincze der „bedeutendste Unterstützer“ der FUEN. Es wäre daher „undankbar“ Budapest zu kritisieren. Nur die Unterstützung Ungarns habe die FUEN in den letzten vier Jahren vor dem finanziellen Bankrott bewahrt.
Die fragwürdige Rolle des FUEN-Präsidenten Lorant Vincze ist allgemein bekannt. Auch innerhalb der FUEN wurde der Orbanismus an der Spitze des Dachverbandes FUEN heftig kritisiert. Orbanismus und Minderheitenpolitik seien unvereinbar. Auch in der slowenischen Minderheit kam es in dieser Frage zu zahlreichen Differenzen. Der FUEN-Präsident werde fortan mit dem Etikett leben müssen, sich nicht von Orban distanziert, ja, ihn gar als vom Westen verunglimpften Saubermann der Minderheitenpolitik verteidigt zu haben, schreibt der „Nordschleswiger“.6 SVP-EU-Abgeordneter Herbert Dorfmann wundert sich nicht über die Ungarnfreundlichkeit der FUEN. „Wer zahlt schafft an“, so Dorfmann. Der Hauptfinanzier der FUEN, Ungarn, bestimme jetzt ungeniert den Gang der Dinge in der Minderheitenorganisation mit. Die FUEN ist auf der Linie der EU-feindlichen Orban-Regierung, illiberal, ganz in der Nähe der rechten Fraktionen im Europaparlament, russlandfreundlich. Mit Minderheitenpolitik habe das nichts mehr zu tun, kritisiert der Südtiroler EU-Abgeordnete.7
Samuel Salzborn geht in seiner Dissertation, die von Prof. Anton Pelinka begutachtet worden ist, davon aus, dass von der FUEV (heute: FUEN) die Distanz zum Nationalsozialismus zwar formell gewahrt wird, die inhaltliche Grenze jedoch schwer zu ziehen sei. Die national-konservative FUEN wird vom Politikwissenschaftler mit „völkischer Subversionstätigkeit“, einer „deutsch-völkischen“ Haltung und mit einer mit „NS-Politik kontaminierten Volksgruppentheorie“ in Verbindung gebracht.8 Siehe darüber hinaus die bisherigen Informationen Nr. 17, 32 und 64.

Der Rat (NSKS) und die Slowenische Gemeinschaft gehören bereits der FUEN an. Nun hat auch der Zentralverband (Obmann: Manuel Jug / SPÖ-Politiker) um die Aufnahme in die FUEN angesucht.9
Die Landespolitik scheint die nationalistische Orban-Strategie des FUEN-Präsidenten Lorant Vincze  noch immer nicht thematisiert zu haben. 

Vergleiche dazu:
PlayTogether Now: Der Völker verbindende Fußballverein.
Bei dem Wiener Projekt sind Vielfalt und Miteinander keine leeren Phasen, sondern wichtiger als jeder Sieg. Im Team von PlayTogetherNow spielen 6 Nationen. Gemeinsam spielen sie in der Wiener Amateurliga DSG. Gegründet wurde der Verein im Jahre 2015. „Uns ist der integrative Aspekt wichtig, dass Österreicher und andere EU-Bürger mit Geflüchteten zusammengebracht werden“, erklärt Jakob Schrott, der zum Vorstand des Vereins gehört. Man wolle einen „zivilgesellschaftlichen Beitrag“ leisten.10
Die FUEN denkt noch immer anders. Ihre völkisch-positionierte  Europeada ist nicht mehr zeitgemäß.

 

 

1 https://www.ktn.gv.at/Service/news?nid=37282, 14.6.2024.

2 Novice, 21.6.2024, S. 19.

3 Novice, 5.7.2024, S. 2, 3. Text: Damjan Smerčnik.

4 Kronen Zeitung, 27.6.2022, S. 6.

5 https://fuen.org/de/article/Die EU-sollte-der-Beschuetzer-nationaler-Minderheiten-sein, 26.4.2018.

6 https://www.nordschleswiger.dk/de/nordschleswig-politik-politik-in…, 4.10.2022.

7 https://gfbv-voices.org/wer-zahlt-schafft-an/, 6.10.2022.

8 Samuel Salzborn, Ethnisierung der Politik, Frankfurt/Main 2005. S. 73, 204, 215, 216, 226, 275, 287.

9 Novice, 19.6.2024, S. 3. Im selben Interview erklärte Manuel Jug seinen politischen Rücktritt.

10 Kronen Zeitung, 15.6.2024, S. 25.