Info Nr. 78
16.5.2024 Völkermarkt – LH Peter Kaiser empfängt die slowenische Staatspräsidentin Pirc Musar zum Arbeitsgespräch im Vorfeld der Festveranstaltung des Slowenischen Gymnasiums in Völkermarkt.
Darüber gibt es widersprüchliche Berichte.
Das LH- Büro berichtet: Dabei ging es um die gute bilaterale Zusammenarbeit sowie um die weitere Entwicklung der slowenischen Volksgruppe in Kärnten und der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien. Kaiser sagte nach dem Gespräch mit der Staatspräsidentin, dass diese die Fortschritte um die Entwicklung der slowenischen VG in Kärnten gewürdigt habe. Weitere Initiativen werde es zur Sprachförderung, insbesondere in Bezug auf die Kindergartenpädagogik geben. Auch die slowenische Musikschule Glasbena šola wolle man laufend weiterentwickeln. „Wir haben schon viel erreicht und wollen alles tun, um das Zusammenleben weiter zu intensivieren und weiter zu verbessern. Es geht dabei um nachhaltige Maßnahmen“, betonte Kaiser. (…)
Staatspräsidentin Musar sagte, Slowenien und Österreich seien wirtschaftlich und infrastrukturell eng verflochten, dies aber auch durch die slowenische Minderheit in Österreich und die deutschsprachige Gemeinschaft in Slowenien (…).
Schulleiterin Zalka Kuchling wurde für ihre Leistungen um das slowenische Gymnasium/slovenska gimnazija gewürdigt.
(Konkrete Wünsche oder Forderungen betreffend die deutsche Minderheit gab es von Kärntner Seite offensichtlich nicht.)
Die Wochenzeitung „Novice „ berichtet:
Im Gasthof Mochoritsch gab es ein Arbeitsgespräch mit 14 Slowenenvertretern. Damit die VG politisch besser auftreten könnte, gab die Präsidentin den Rat, dass man über eine gemeinsame Dachorganisation nachdenken müsste, die alle slowenischen Vereine vereinigen würde. Sie stellte fest, dass die Vertreter der VG dazu nicht Nein sagten. Sie traf Karel Smolle und besuchte das Slowenische Gymnasium und die zweisprachige HAK.
Vor dem Besuch der Akademie des Slowenischen Gymnasiums in Völkermarkt gab es ein Gespräch mit LH Peter Kaiser. Von ihm erwartet sie klare Antworten und vor allem konkrete Zusicherungen, wann die Rechte der slowenischen Volksgemeinschaft geregelt werden. In diesem Zusammenhang sagte Pirc Musar auch, dass sie von Kaiser einen Zeitplan verlangen wird und dass man beginnen müsste, die Schritte zur Erfüllung vor allem des 7. Artikels des Staatsvertrages schneller zu setzen“.
Die Präsidentin besuchte auch den Slowenischen Wirtschaftsverband (SGZ) und die Fa. Andreas Urbas in Eis bei Griffen. Felix Wieser hielt die Begrüßungsrede.1 (Die deutsche Minderheit in Slowenien wird nicht erwähnt.)
Das Büro der Präsidentin berichtet: „Im Zentrum der Bemühungen Sloweniens bleibt die Durchsetzung aller gesetzlichen Rechte der slowenischen VG in Österreich. (…) Beim Besuch hebt die Präsidentin die Bedeutung der Bewahrung der Rechte der slowenischen Minderheit in Österreich und die Schlüsselrolle der zweisprachigen Ausbildung hervor. (…) Vom Kärntner LH Dr. Peter Kaiser erwartet die Präsidentin daher klare Antworten und vor allem konkrete Zusicherungen, wann die Rechte der slowenischen VG geregelt werden. Slowenien erwartet vor allem, dass so bald wie möglich die angekündigten Änderungen hinsichtlich der Ebene der Deutschkenntnisse für Erzieherinnen und Erzieher aus Slowenien verwirklicht werden. Im Hinblick auf den Jahrestag der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrages aber betont die Präsidentin, dass Slowenien als Schutzmacht der slowenischen VG agiert. Im Einklang mit dem internationalen Gewohnheits- und Vertragsrecht (Wiener Konvention über die staatliche Nachfolge bei Verträgen) geht Slowenien zu Recht von einer unstrittigen Nachfolge betreffend den Österreichischen Staatsvertrag aus. Aus dem regelmäßigen zweiseitigen Dialog geht auch hervor, dass Österreich Slowenien als Gesprächspartner bei Fragen der Durchsetzung von Minderheitenrechten, die im Staatsvertrag enthalten sind, anerkennt. Die Minderheitenorganisationen machen dabei darauf aufmerksam, dass zusätzliche Anstrengungen für eine vollständige Realisierung des Art. 7 des Staatsvertrages notwendig sind.”2 (Diese Position wird von Österreich offiziell nicht geteilt.)
Resümee:
– Zu Beginn ihrer Amtszeit ging die slowenische Präsidentin, Juristin von Beruf, davon aus, dass die slowenischen Minderheitenrechte „vorbildlich“ geregelt seien. Diese Beurteilung wurde insbesondere vom Rat der Kärntner Slowenen erfolgreich bekämpft3. Nun „verlangt“ und „fordert“ die slowenische Präsidentin Minderheitenrechte und wird entsprechend indoktriniert. Dieser neuen Konfliktstrategie wird von Kärntner Seite kein Widerstand geleistet.
– Die deutsche Minderheit wird von slowenischer Seite nicht einmal erwähnt. Im Wesentlichen ist diese Vorgangsweise seit Jahren üblich und wird von österreichischer Seite geduldet. Die eigene deutsche Minderheit in Slowenien soll es, wie vom ersten kommunistischen slowenischen Regierungschef, Boris Kidrič im Jahre 1945 angeordnet, überhaupt nicht mehr geben. Die damalige physische Vernichtung der Minderheit wird stillschweigend legitimiert. Für dieses Unrecht sind nicht nur slowenische, sondern auch österreichische Politiker verantwortlich. Es ist nicht nur vom politischen, sondern auch vom moralischen Versagen auszugehen. Solange die deutsche Minderheit in Slowenien behindert und (nur) die slowenische in Kärnten gefördert wird, so lange gibt es eine schlechte Nachbarschaft. Minderheitenrechte werden gerne als Menschenrechte bezeichnet. Der deutschen Minderheit in Slowenien werden die Menschenrechte vorenthalten.
Auf der Homepage der Österreichischen Botschaft Laibach heißt es zur „Deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien“: „Angehörige der autochthonen deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien leben seit Jahrhunderten in Eintracht mit der slowenischsprachigen Mehrheitsbevölkerung auf dem Gebiet der heutigen Republik Slowenien. Österreich unterstützt nach Kräften und parteiübergreifend das Anliegen der Volksgruppe um verfassungsrechtliche Anerkennung und Erhalt ihres kulturellen Erbes. Die Anerkennung der Volksgruppe würde eine nachhaltige Förderung ihrer Sprache und Kultur ermöglichen und kollektive Rechte und kollektive Würde geben“.4 Während sich die Slowenische Botschaft in Wien offensiv für weitere Rechte der slowenischen Minderheit in Österreich einsetzt, verhält sich die Österreichische Botschaft vergleichsweise passiv.
– In Slowenien wird ein kulturelles Minderheitengesetz für die neuen Minderheiten aus Ex-Jugoslawien umgesetzt.5 Nicht einmal bei dieser Gelegenheit wird die alte autochthone deutsche Minderheit berücksichtigt. Von Kärnten wird dieses Unrecht nicht zur Sprache gebracht.
– Das KKW Krško wurde nicht thematisiert, obwohl in Slowenien eine Volksbefragung über den Bau eines neuen Atomkraftwerkes abgehalten werden wird.6
– Das Jahr 2024 wird in Slowenien als Rudolf Maister-Jahr gefeiert. Es wird also der Aggressor Rudolf Maister als Vorbild gepriesen und das Gedenken an die demokratische Volksabstimmung vom 10.10.1920 wird abgelehnt. Von Kärntner Seite gab bzw. gibt es dazu keine Bedenken.
– Kärnten spielt in den Beziehungen zu Slowenien eine untergeordnete Rolle. Von welcher Seite wird das Land Kärnten fachlich begleitet? Die Kärntner Zivilgesellschaft und die politische Opposition zeigen für diese einseitige Nachbarschaftspolitik (noch) zu wenig Interesse.
1 Novice, 24.5.2024, S. 2. Autor: ST
2 https://www.predsednica-slo.si/sl/objave/v-srediscu-prizadevanj-slo…, 16.5.2024.
3 https://www.rtvslo.si/slovenija/natasa-pirc-musar-z-izjavo-o-zgledno-urejenih-manjsinskih-pravicah, 16.11.2022.
4 https://www.bmeia.gv.at/oeb-laibach/österreich-in-slowenien/deutschsprachige-volksgruppe-in-s…, Abruf: 28. 5.2024.
5 https://www.rtvslo.si/slovenija/zakon-o-kulturnih-pravicah-je-korak-v-pravo-smer-ce-je-edina, 2.3.2024.
6 https://volksgruppen.orf.at/slovenci/meldungen/stories/3258407/, 24.5.2024.