Landessprache Slowenisch? Die Landespolitik argumentiert missverständlich.

Ein Verwirrspiel?
 

25.9.2020  Landessprache – Der Rat der Kärntner Slowenen unter Obmann Valentin Inzko (NSKS) appelliert an den Kärntner Landtag, im Gedenkjahr 2020 Slowensich als zweite Landessprache in der Landesverfassung zu verankern. Der Landtag solle den Empfehlungen der Bildungsdirektion folgen.1

Valentin Inzko zufolge müsse die Landespolitik damit die Verpflichtung vom 28. September 1920 einlösen und Slowenisch als zweite Landessprache in der Landesverfassung verankern. Das hätte einen hohen symbolischen Wert.
Hinweis: Die Verankerung des Slowenischen als 2. Landessprache wurde anlässlich der Verankerung der slowenischen Volksgruppe in der Landesverfassung im Jahre 2017 bereits erschöpfend erörtert und aus schwerwiegenden Verfassungsgründen auch vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes abgelehnt. 2
Dennoch beauftragte Landeshauptmann Peter Kaiser die Verfassungsabteilung mit der rechtlichen Prüfung der Inzko-Forderung. Das „Bekenntnis“ (sic!) zur Volksgruppe sei aber unmissverständlich festgehalten, so Kaiser in diesem Zusammenhang.3
In dem vom Landeshauptmann eingeholten Gutachten des Verfassungsdienstes wird erneut daran erinnert, dass das Land bezüglich der Minderheitensprache keine Regelungskompetenz habe.

Kaum nähert sich der 10. Oktober, schon gebe es das erste Störfeuer, konstatierte Fritz Kimeswenger in der Kronen Zeitung. „Solche Forderungen bringen nur Wirbel und dienen niemandem, auch nicht der Volksgruppe“, lässt der junge Obmann des Zentralverbandes slowenischer Organisationen Manuel Jug dem österreichischen Diplomaten Inzko ausrichten. Einmal mehr zeige Valentin Inzko, dass er nicht für ein Miteinander stehe, erinnerte auch Altlandeshauptmann Gerhard Dörfler, der auf Inzkos hoch dotierte Funktion als Hoher Repräsant für Bosnien anspielte.4

Rückblick: Bereits einen Tag nach dem Landtagsbeschluss vom 1. Juni 2017, womit die slowenische Volksgruppe in der Landesverfassung verankert worden ist, veröffentlichten die ÖVP und die SPÖ in der Kronen Zeitung konträre, bezahlte Anzeigen. Die ÖVP hielt fest: „Erstmals ist in der Kärntner Landesverfassung – wie in anderen Bundesländern auch – Deutsch als Landessprache festgeschrieben. Damit ist das klare Bekenntnis zu unserer Heimat, zu unserer Kultur in der Verfassung verankert“.  Im Gegensatz dazu erklärte Herbert Seiser (SPÖ): „Andrerseits ist die Verankerung der slowenischen Volksgruppe ein historisches Bekenntnis zu Kärnten als zweisprachigem Kulturraum. Nur so können wir Kärnten weiterentwickeln und kommenden Generationen ein funktionierendes Land hinterlassen“.5
Die Landespolitiker haben also zur „zweiten Landessprache“ keine konsensuale Position. Ungeachtet der Rechtslage wird nicht nur von Slowenischnationalen mit dem Slogan „Landessprache Slowenisch“ die öffentliche Meinung in einem verfassungswidrigen Sinn manipuliert.
Auch im offiziellen Bericht des Landes Kärnten zur Lage der slowenischen Volksgruppe in Kärnten 2020 geht man im Vorwort von den „beiden Landessprachen“ aus. Die zweite „Landessprache“ kommt auch in der Mobilen Landesausstellung 2020 vor. Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung Carinthija 2020 habe Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) die Kärntnerinnen und Kärntner „in beiden Landessprachen“ angesprochen, berichtete der ORF-Kärnten (slowenische Abteilung).6
Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser (SPÖ) äußerte sich dahingehend: „Mit der Festschreibung der slowenischen Sprache als zweite Landessprache in der Landesverfassung haben wir ein starkes Zeichen gesetzt, dass wir das Verbindende vor das Trennende stellen“.7
Kärnten könne in der Landesverfassung lediglich aus der Staatssprache (Deutsch) die Landessprache Deutsch machen, nicht aber Slowenisch als zweite Landessprache etablieren, stellte hingegen der Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Andreas Scherwitzl (SPÖ), dezidiert fest.8

Hinweis: Die Forderung des Rates der Kärntner Slowenen (Obmann: Valentin Inzko), Slowenisch als zweite Landessprache zu verankern, wurde sowohl von Martin Gruber (ÖVP) als auch von Gernot Darmann (FPÖ) abgelehnt und verlangt, dass Valentin Inzko „mit dem Zündeln“ aufhöre. Klaus-Juergen Jandl (Team Klagenfurt) forderte Inzko zum Rücktritt auf.9

Aus völkisch-nationaler, propagandistischer Sicht hat bzw. hätte die Akzeptanz des Slowenischen als zweite Landessprache tatsächlich „einen hohen symbolischen Wert“. Damit könnte zu Recht von einem „zweisprachigen Kärnten-Koroška“ ausgegangen werden, womit weitreichendere Forderungen (etwa zweisprachige Landtagssitzungen) argumentiert werden könnten. Südkärnten, annähernd die ehemalige Zone A, wäre somit hinsichtlich der deutschen Staatssprache von den Bestimmungen der österreichischen Bundesverfassung ausgenommen.
Bei der Volksabstimmung 1920 entschied sich allerdings die Mehrheit der Bevölkerung für ein damals deutsches Österreich mit deutscher Staatssprache.

Vor der Volksabstimmung 1920 in der Zeit der slowenisch-jugoslawischen Besetzung der Zone A war für Südkärnten Slowenisch als „Landessprache“ in Geltung. Slowenisch wurde alleinige Amtssprache. Unverzüglich wurden die österreichbewussten Lehrerinnen und Lehrer entlassen, Vor- und Familiennamen slowenisiert, ausschließlich slowenische Ortstafeln aufgestellt und private, deutsche Aufschriften verboten. Über 5.000 österreichbewusste Südkärntner flüchteten in das übrige Kärnten. Die vollkommene Slowenisierung Südkärntens wurde unverzüglich in Angriff genommen.

Mit Slowenisch als „Landessprache“ machten die österreichbewussten Südkärntner also schlimme Erfahrungen und votierten am 10. Oktober 1920 mehrheitlich für Österreich mit deutscher Staatssprache. Die Forderung nach einer Wiedereinführung der Landessprache Slowenisch aus Anlass der 100-Jahrfeier der Kärntner Volksabstimmung 1920 steht im krassen Widerspruch zum Ergebnis der Volksabstimmung.

Die Versuche von Nachkommen der ehemaligen slowenisch-jugoslawischen Aktivisten der Jahre 1918-1920, einige Auswirkungen der Volksabstimmung 1920 rückgängig zu machen, müssten von der Landespolitik unmissverständlich abgelehnt werden.10

 

 

1 https://volksgruppen.orf.at/slovenci/meldungen/stories/3068563/, 25.9.2020.

2 Kleine Zeitung, 2.10.2020, S. 27.

3 Kleine Zeitung, 29.9.2020, S. 18.

4 Kronen Zeitung, 30.9.2020, S. 20; 1.10.2020, S. 20.

5 Kronen Zeitung, 2.6.2017, S. 19, 21.

6 https://volksgruppen.orf.at/slovenci/stories/3068850/, 8.7.2020

7 Kärnten.magazin 01/2020. Das offizielle Infoservice des Landes/Amtliche Mitteilung, Februar 2020.

8 Kleine Zeitung, 23.2.2017, S. 26.

9 https://volksgruppen.ord.at/slovenci/stories/3069035, 29.9.2020.

10 Valentin Inzko verweist in diesem Zusammenhang auf die Rolle seiner Großeltern Maria und Valentin Inzko, die nach der Volksabstimmung 1920 ihre Dienstposten verloren hätten. Valentin Inzko fungierte vor der Volksabstimmung allerdings als slowenisch-jugoslawischer Gendarm und war somit ein Organ der damaligen Slowenisierungmaschinerie. Die Lehrerin Maria Inzko war aber „eine berühmte jugoslawische Agitatorin“  und „begrüßte“ als Repräsentatin der Kärntner Slowenen General Rudolf Maister in Kärnten. Quellen: Zdravko (Valentin) Inzko, in: Mladika 7-8/2020, Triest, September 2020;  KLA, KHD, Schachtel 17/1, Schreiben vom 11.9.1920; Valentin Inzko, Zbornik prispevkov in spominov, Klagenfurt 2015, S. 46, 393.