6.6.2020 Slowenien – Im Gottscheer Hornwald (Kočevski rog) findet eine Gedenkfeier für die „Opfer der revolutionären Gewalt“, also der Partisanen, statt. Die Messe wird von Erzbischof Stanislav Zore zelebriert. Ansprachen halten Staatspräsident Borut Pahor und Regierungschef Janez Janša.
Janez Janša: „Am 25. Juni 1945 sandte Edvard Kardelj aus Belgrad an Boris Kidrič nach Laibach eine persönliche Depesche und verlangte, dass die Säuberung bzw. Ermordung schneller abzuwickeln sei. Das Morden wurde verstärkt und der Transport in die Gottschee erfasste auch meinen Vater. (…) Als er in der Zeit der Okkupation die Stützpunkte der Domobranzen verließ, um zu Hause in der Landwirtschaft behilflich zu sein und dann aus dem deutschen Kerker flüchtete, wurde er vor Gericht gestellt und wegen der Desertion zur Strafe nach Dachau geschickt. In die Schlucht und in den Tod im Gottscheer Horn aber wurde er von den Befreiern ohne ein Gerichtsurteil und ohne irgendeine Schuld geschickt. (…) Das 20. Jahrhundert hat zwei große Übel hervorgebracht, den Nationalsozialismus und den Kommunismus. (…) Und der Widerstand gegen jedwedes Übel ist legitim. Deshalb sollen wir alle verehren, die gegen den Faschismus, den Nationalsozialismus und gegen den Kommunismus gekämpft haben. Alle, die im Widerstand oder wegen des Widerstandes gestorben sind, haben das Recht auf einen Namen und die Erinnerung, sie verdienen ein würdiges Grab und unsere Hochachtung. Nur das kann eine ständige Basis für eine nationale Versöhnung der Slowenen sein. (…) Die Versöhnung werden wir erreichen. Einmal in der Zukunft. Heute aber leider noch nicht, denn die Worte „noch zu wenige wurden ermordet“ und die Rufe sowie Drohungen mit dem Tod für Zweitrangige sind noch immer ein Teil unseres Alltags. (…) Wir müssen aber an diesem heiligen Ort des Grauens jenen, die in den Gassen und den Plätzen von Laibach wieder öffentlich mit dem Tod drohen, sehr klar sagen: Wir werden euch nicht erlauben, die Slowenen wieder in einen bestialischen Bruderkrieg zu stoßen. Zu viel Leid hat dieser blinde Hass schon verursacht. Wir werden alles tun, was nötig ist, dass euch das nicht gelingen wird. (…) Deshalb: Arbeiten wir für die Versöhnung, heilen wir die Wunden, bewahren wir die Erinnerung, die Wahrheit. (…) Wir werden es schaffen, wenn auch spät, und werden allen, die keine Grabstätte haben, den Namen und die Erinnerung zurückgeben. Allen unseren Toten.“
Borut Pahor: „Heute begehen wir den 30. Jahrestag der sogenannten Versöhnungsmesse im Hornwald. Damals sprachen der damalige Erzbischof Alojzij Šuštar und der damalige Staatspräsident Milan Kučan. (…) Die Versöhnungsmesse vor 30 Jahren war vielleicht wirklich nur ein Schritt, aber, wie ich schon sagte, ein bedeutender. Jeder Schritt war seit damals bedeutend und wenn er noch so kurz war. (…) Die Versöhnung ist ein Weg, der niemals endet. Wenn er endet, beginnt das Leid. (…) Ich verstehe eure Schmerzen, die Schmerzen von nach dem Krieg Ermordeten und ihrer Angehörigen. Aber versetzen wir uns in die Lage des Anderen. Verstehen wir auch die Schmerzen der Partisanen und ihrer Angehörigen, die noch immer schwer darunter leiden, wenn man ihnen die echte Heimatliebe abspricht und sie auf politische Revolutionäre reduziert. Jeder soll sich in die Schmerzen des Anderen versetzen. Die Vergebung und Versöhnung sind zunächst tiefe, intime Regungen. Es ist dies eine Angelegenheit von Einzelpersonen. (…) In diesem Sinn ist die Versöhnung kein Ereignis, sondern eine Geisteshaltung. In diesem Sinn wurde das vereinte Europa gegründet. In diesem Sinn wurde unser geliebtes Slowenien gegründet. (…) Auch diese Feier bedeutet einen kleinen Schritt. Wir machen diesen Schritt mit einer ehrwürdigen Erinnerung an alle Kriegs- und Nachkriegsopfer und im Gedenken an eine ruhige und glückliche Zukunft unserer Jugend. Über mehr als zweitausend Jahre der menschlichen Zivilisation und Kultur und auch heute mögen die Antigone-Worte leuchten: Nicht um zu hassen, sondern, um zu lieben bin ich auf der Welt“.1
Der Moraltheologe Dr. Ivan Štuhec vertritt dazu die Ansicht, dass die beiden Ansprachen von einer Bedeutung sind, die man bisher noch nicht erlebt hätte. Die Beiden seien die Nachfahren unterschiedlicher Strömungen in der slowenischen Geschichte. Pahor sei jedenfalls ein Nachkomme des „partisanen-kommunistischen“ Teils der Bevölkerung. Der Vater von Janša aber, wie man wisse, flüchtete aus dem Hornwald und überlebte. Pahor und Janša seien also die Söhne von Vorfahren, die auch alle liquidiert haben, die im Hornwald und in ganz Slowenien liegen. Das habe ein besondere Bedeutung.2
Anmerkung: Dieses versöhnliche Auftreten der beiden slowenischen Politiker könnte auch für Kärntner Politiker und Journalisten eine Lehre sein. Die Tragödie der Opfer der revolutionären Partisanengewalt im Jahre 1945 (die Verschleppungen) in Kärnten wird ignoriert.
1 http://www.druzina.si/ICD/spletnastran.nsf/clanek/povezovalne-niti…, 6.6.2020.
2 https://radio.ognjisce.si/sl/227/novice/31624/stuhec-nagovori-ob-ro…, 9.6.2020.