Dokumentarfilm „Sine legibus. Po poteh 1976“ & Bgm. von Globasnitz besucht rechtsnationale Partei SNS

Gewalt gegen die Volkszählung besonderer Art im Jahre 1976.
Gut oder böse? Urnenraub in Zell „nur“ Protest?

 

10.7.2018 „Urnenraub“ –  In Klagenfurt wird der Dokumentarfilm „Sine legibus. Po poteh 1976“ gezeigt. Thema: der Urnenraub in Zell Pfarre anlässlich der Volkszählung besonderer Art am 14.11.1976. Regie: Milena Olip. In den Berichten des ORF, der Kirchenzeitung Nedelja und der slowenischen Wochenzeitung Novice wird die Straftat nicht kritisiert. Das Strafverfahren gegen die Täter Marjan Olip, Nanti Olip, Flori Jug und Peter Olip wurde vom Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger niedergeschlagen. Nanti Olip wurde vom Bischof Alois Schwarz zum Schulinspektor für den Religionsunterricht an zweisprachigen Pflichtschulen berufen.Im Film treten auch der Politologe Anton Pelinka und Rechtsanwalt Matevž Grilc, der damals als Obmann des Rates der Kärntner Slowenen aktiv war, auf.

 

Die Volkszählung besonderer Art verursachte laut Bericht des ORF- Studio Kärnten, slowenische Abteilung, verschiedenste Formen des Widerstandes. Der Urnenraub sei aber die „radikalste Form“ des Protestes gegen die geheime Muttersprachenzählung gewesen. Das Gerichtsverfahren fand im Jahre 1977 im Grauen Haus in Wien statt, wo die Nazis im Jahre 1943 dreizehn Opfer aus Zell enthauptet haben, so der ORF1. Milena Olip stellte in der Kirchenzeitung Nedelja fest, dass ihrer Ansicht nach in Kärnten diese oder aber ähnliche Dinge zurückkehrten. Sachen, die im österreichischen oder internationalen Recht verankert sind, werden von der österreichen Politik gerne beiseite geschoben. Wann müsste man schreien, wie dies die Jungen aus Zell getan haben, wird Milena Olip vom Redakteur Vincenc Gotthardt gefragt. Man müsse auf einen einzigen Punkt fokussiert sein, nämlich im Interesse der slowenischen Volksgemeinschaft (narodna skupnost) zu arbeiten.

 

Damals sei die Volksgruppe agiler, politisch aktiv und vor allem einheitlich gewesen, meint Milena Olip2. Der Slowenische Arbeitsausschuss der Katholischen Aktion hat via Aussendung ausdrücklich zum Besuch des Filmes eingeladen3.
In der slowenischen Fernsehsendung „Dober dan Koroška“ vom 15.7.2018 wird der diesbezügliche Beitrag von der Sprecherin Magda Kropiunig mit dem Hinweis eingeleitet, dass mit der Volkszählung besonderer Art die Republik Österreich beabsichtigte, der Verantwortung für die Erfüllung der Verpflichtungen, die im Artikel 7 verankert sind, auszuweichen. Marjan Olip berichtete im Fernsehbeitrag, dass man vor der Aktion die heilige Messe besucht habe, der Boykott war mit den slowenischen Organisationen abgesprochen. Laut Matevž Grilc war die Tat der Zeller Aktivisten legitim, eine Art Notwehr. Roman Roblek erinnerte daran, dass die Slowenen auch derzeit für ihre Rechte kämpfen müssten, auch heute wäre eine derartige Aktion nötig.  Andrej Gallob erblickte im Film Lehren für die Jugend.
Den Film finanzierte der Filmfonds Sloweniens. Die offizielle Premiere des Filmes wird daher voraussichtlich im Herbst in Slowenien stattfinden. In Klagenfurt fand eine inoffizielle Vorpremiere statt4.

 

Hinweis: Mit dem Untertitel Bombenterror vor Sprachenzählung wird im Buch „Titos langer Schatten“ von verschiedensten Formen des  Widerstandes gegen die Spachenzählung berichtet5. Je näher die Volkszählung besonderer Art rückte, desto deutlicher konturierte sich durch neu aufbrechende Gewaltakte eine latente Bürgerkriegsgefahr(433). Ein führender Minderheitenvertreter wird dahingehend zitiert, dass die Slowenen kämpfen werden, „wie wir in der NS-Zeit gekämpft haben“ (435) und „man muss gewärtig sein, dass wir uns ähnlich wie die Baader-Meinhofs benehmen (437) bzw. „in Kärnten werde in Kürze ein neues Irland entstehen (450).

 

Der Rat der Kärntner Slowenen und der Zentralverband slowenischer Organisationen veröffentlichten Anfang Juli 1976 im Rahmen einer Versammlung im Klagenfurter Konzerthaus eine Resolution, womit sie sich beim jugoslawischen Staat für die Hilfe bedankten und auch in der Zukunft um eine allseitige politische Unterstützung baten. Franci Zwitter berief sich ausdrücklich auf eine tags zuvor stattgefundene Unterredung mit Tito (436). Aktivisten, die nach einer umfangreichen Schmieraktion ausgeforscht worden sind, wurden von ihren Anwälten Franci Zwitter und Matevž Grilc mir dem Argument in Schutz genommen, dass die Handlung im Notstand passiert ist und daher entschuldbar sei (438). Bereits Ende 1975 gab Franci Zwitter (Omann der ZSO) bekannt, dass Aktionen gegen die Volkszählung mit dem Rat der Kärntner Slowenen koordiniert  werden(439).

 

Von der Stimmzettelverbrennung in Zell Pfarre und zwei Bombendrohungen gegen Wahllokale im burgenländischen Siegendorf und Hornstein soll das Laibacher Parteiorgan „Delo“ bereits Stunden zuvor unterrichtet gewesen sein(442). Am 15.6.1976 zerstörte ein Sprengkörper das Hans Steinacher-Denkmal in Völkermarkt. An dem in nächster Nähe befindlichen Schulgebäude entstand ebenfalls ein Sachschaden (443). 

 

Am 18.9.1976 sollen Kärntner Slowenen mit dem Tarnnamen „Rastko“ und „Jurij“ unter kriegsähnlichen Bedingungen am Bachern bei Marburg instruiert worden sein(451). Am 8.5.1976 kam es zu einem versuchten Sprengstoffanschlag auf den Exil-Kroaten Mirko K., Gasthausbesitzer In Klagenfurt. Mehrere kroatische Emigranten erhielten einen Drohbrief, in dem die Kroaten in slowenischer Sprache davor gewarnt werden, am 9. Mai nach Loibach zu kommen und mit dem Tod bedroht werden (453).

 

Das Attentat auf das Partisanendenkmal am Kömmel passierte am 31.10.1976. Der Anschlag war gleicher-maßen symbolhafter Akt politischer Brandstiftung und gezielte Provokation (455). Der Kärntner Slowene Johann H. wird in Udba-Dokumenten als Täter genannt (456). Im Juli 2010 räumten österreichische Verfassungsschützer das Waffen- und Sprengstoffdepot auf einem Anwesen bei Bleiburg (457). Das aufgefundene Waffendepot untermauert die These eines kriegerischen Szenarios (459). 

 

Drei Tage vor der Volkszählung besonderer Art wurde das Klima weiter angeheizt. Am 11.11.1976 brachten Unbekannte in Froschendorf bei Grafenstein einen Sprengsatz zur Detonation. Zum Erstaunen der Ermittler waren Journalisten aus Laibach und Triest relativ rasch am Tatort aufgetaucht (461). Den Sprengstoffanschlag auf die Bahnlinie Froschendorf haben laut Udba-Dokumenten die Kärntner Mitarbeiter mit den Decknamen „Svarun“, „Valjhun“ und „Jurij“ verübt (462). Am 12. 11.1976 soll laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Klagenfurt ein Kärntner Minderheitenvertreter eine „Höllenmaschine“ mit dem Auftrag weitergegeben haben, damit unmittelbar vor der Sprachermittlung eine Transformatoranlage in Klagenfurt zu sprengen (464 ff.). 

 

Danilo Türk, der spätere Staatspräsident Sloweniens, legte am 29.10.1976 dem Sozialistischen Bund der Werktätigen seine „Thesen“ vor: Im Kampf gegen die Minderheitenfeststellung zeige sich die slowenische Minderheit einig, konsequent und entschlossen. Es sei zu erwarten, dass im Laufe der Maßnahmen noch andere Formen des Boykotts der Minderheitenfeststellung abgesprochen und noch andere Mittel zum Einsatz kommen werden (29). Man müsse sich auf einen langfristigen Kampf vorbereiten, den wir mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, fortsetzen werden. Auch Präsident Tito habe am 2. Juli 1976, als er eine Delegation der beiden Zentralorganisationen empfing, betont, dass Jugoslawien wie bisher zur Gänze den Kampf der Kärntner Slowenen um ihre nationalen Rechte unterstützen werde (30).

 

Der renommierte slowenische Geheimdienstforscher Igor Omerza berichtet in seinem im Hermagoras-Verlag in Klagenfurt erschienenen Buch „BombenAttentate“6, von einer Begegnung der Kärntner Udba-Mitarbeiter „Svarun“ und „Valjhun“ mit Bediensteten des slowenischen Geheimdienstes Udba am 30.6.1976. Die Kärntner forderten, dass Bedienstete der Udba  die Ortstafelaktion im Jauntal durchführen sollen. Diese Forderung wurde aber vom Zentrum des Staatssicherheitsdienstes zurückgewiesen, weil die Gefahr der Kompromittierung bestand (281). Im Laufe des Jahres 1976 forderten die Kärntner slowenischen Udba-Mitarbeiter vom slowenischen Geheimdienst „explosive techniche Mittel“. „Rastko“ wünschte für seine Gruppe (Valjhun, Svarun, Jurij, Pate, Kobal) eine bestimmte Anzahl von Zündern, weil sein persönlicher Freund Johann H. über eine größere Menge Sprengstoff Donarit österreichischer Herkunft verfüge (284). Im Laufe des Jahres 1976 wurde für die Kärntner Udba-Leute eine Spezialbewaffnung bestellt. Es handelte sich u.a. um 31 Pistolen, 31 Maschinengewehre, 500 Bomben, 500 kg Sprengstoff TNT, 30 Garnituren Brandmittel, 30 Garnituren verschiedener Drogen (Betäubungsmittel, Vergiftungsmittel). Igor Omerza: „Haben denn diese Bittsteller und ihre Chefs in Ljubljana und Belgrad und die obersten Chefs schon völlig die Kontrolle über sich selbst verloren und wollten Krieg spielen? Handelte es sich um eine Art Waffen-Udba? Aber ich überlasse alles dem Urteil des Lesers, denn die Dokumente sprechen eine deutliche Sprache und bezeugen zur Genüge, in welch verrücktem und gefährlichen Staat wir gelebt haben(426-428). 

 

Kommentar: Der „Urnenraub“ in Zell Pfarre war laut ORF-Aussendung die „radikalste“ Form des Protestes gegen die staatliche österreichische Volkszählung besonderer Art im Jahre 1976. Wenn man darüberhinaus auch die vielen anderen Straftaten näher beleuchtet, weshalb Kärnten bekanntlich in den 1970er Jahren nach Ansicht von Zeitzeugen am Rand eines Bürgerkrieges stand, dann erscheint es deprimierend, dass im Zusammenhang mit diesem Dokumentarfilm nicht eine klare Distanzierung von der gewalttätigen Minderheitenpolitik stattgefunden hat. Wie wollen wir eine Friedensregion Alpen-Adria bilden, wenn wir der Jugend gewalttätige Lösungsmodelle präsentieren? Im Gegensatz dazu soll die demokratische Volksabstimmung vom 10.10.1920 kein Thema mehr sein. Da laut Medienberichten im Film auch Professor Anton Pelinka auftritt, kann zumindest gehofft werden, dass er die Gewalt der 1970er Jahre abgelehnt hat. Die nicht-slowenischen Medien und die Landespolitik schwiegen zur Vorpremiere des Filmes „Sine legibus – po poteh 1976“.

 


 

Kooperation zwischen dem Bürgermeister Bernard Sadovnik (Einheitsliste) und dem Vorsitzenden der Slowenischen Nationalpartei  Zmago Jelinčič? 

 

Jelinčič ist ehemaliger Udba-Agent und Führer der slowenischen Rechtsextremen.
 
20.7.2018  Sadovnik – Bernard Sadovnik, Bürgermeister von Globasnitz, Einheitsliste (EL), besucht das slowenische Parlament. Als Obmann der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen (SKS) schlägt er dem neuen Parlamentspräsidenten Matej Tonin vor, dass „wir in diesem Mandat die Arbeit der Kommission für die Beziehungen mit den Slowenen im benachbarten Ausland festigen und damit die Verbindung der mütterlichen Heimat mit den Grenzauslandsslowenen gefestigt wird“.

 

Der Bürgermeister besuchte auch die Räumlichkeiten der Abgeornetengruppe der Slowenischen Nationalpartei (SNS), berichtete auf Twitter der Obmann der Nationalpartei Zmago Jelinčič. Er führt aus, dass sie mit Sadovnik über den Status und die Position der slowenischen Volksgruppe in Österreich, in Kärnten sowie über eine unmittelbare Kooperation gesprochen haben7.

 

Hinweis: Die Slowenische Nationalpartei ist rechtsextrem. Der Vorsitzende Jelinčič äußerte sich als Populist wiederholt abfällig über Ausländer und andere Volksgruppen, insbesondere über Muslime, Roma und Kroaten. In seinem Garten ließ er eine Tito-Statue aufstellen mit der Aufschrift: „Josip Broz Tito, Sohn einer slowenischen Mutter, Sieger im Zweiten Weltkrieg, Marschall Jugoslawiens“. Im Wahlkampf verglich er sich mit dem französischen Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen8.
Zmago Jelinčič war Mitarbeiter des slowenischen, kommunistischen Geheimdienstes Udba. Spezialisiert war er auf die politische Emigrantion, dabei bot er auch Sprengstoff an9. In dieser Funktion weilte er im Sommer 1988 auch im slowenischen Bildungdheim Sodalitas in Tainach mit dem Auftrag, mit den Bediensteten des Hauses konkretere Beziehungen herzustellen10. Zmago Jelinčič (ehemaliger Korrespondent des britischen Geheimdienstes, Führer der slowenischen Rechtsextremen) wurde von Aserbaidschan bestochen. Der Zutritt zum Europarat ist ihm daher lebenslang verboten worden11.

 

1  https://volksgruppen.orf.at/slovenci/stories/2923932, publiziert am 11.7.2018.
2  Nedelja, 8.6.2018, S. 8,9.
3  https://www.kath-kirche-kaernten.at/dioezese/detail/C3403/sine-legibus-popoteh-1976, Abruf, 20.7.2018.
4   Novice, 6.7.2018, S. 15.
5   Alfred Elste – Wilhelm Wadl, Titos langer Schatten. Bomben- und Geheimdienstterror im Kärnten der 1970er Jahre. Unter Mitarbeit von Hanzi Filipič und Josef      Lausegger, Klagenfurt, 2015.
6    Igor Omerza, BombenAttentate, Klagenfurt, 2012.
7    https://Volksgruppen.orf.at/slovenci/stories/2925977/, 23.7.2018
8    https://de.wikipedia.org/wiki/Zmago_Jelin%C4%8Di%Ca%8D, Abruf: 23.7.2018.
9    https://reporter.si/clanek/slovenija/sodelovalec-udbe-jelincic-je-zalezovalec-tudi-publicista-iva-zajdelo-650669. Abruf: 24.7.2018.
10  Dušan S. Lajovic, Med svobodo in rdečo zvezdo, 2003, S. 168.
11   http://www.voltairenet.org/article197776.html, Abruf: 24.7.2018; https://siol.net/novice/slovenija/zmago-jelincic-do-konca-zivljenja-izkljucen-iz-sveta-…;  Abruf:       23.7.2018.