Slowenien 1945: „Eine deutsche Minderheit wird es nicht mehr geben“.

Slowenische Ministerin Helena Jaklitsch
Slowenische Ministerin Helena Jaklitsch

Billigung einer ethnischen Säuberung ?

Info Nr. 55

21.2.2022  deutsche Minderheit – Reziprozität bei Minderheitenregelungen: Die Regierungschefs Sloweniens (Janez Janša) und Ungarns (Viktor Orban) unterzeichnen ein Abkommen über die Zusammenarbeit für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung im Übermurgebeit (Prekmurje) und im Raabgebiet (Porabje).

Die beiden Minderheiten, also die slowenische in Ungarn (Raabgebiet) und die ungarische in Slowenien (Übermurgebiet) seien eine Brücke für die Kooperation zwischen den beiden befreundeten Staaten. Bereits vor 30 Jahren wurde das erste Übereinkommen über den Schutz und die Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Minderheiten an beiden Seiten der Grenze unterzeichnet. In den kommenden 5 Jahren werden für die beiden Minderheiten an beiden Seiten der Grenze jeweils 5 Millionen Euro eingesetzt.1
Es gilt also bei der Behandlung der Minderheiten der Grundsatz der Gegenseitigkeit (Reziprozität).
In dieser Zeit, am 23.2.2022,  gab es ein Treffen zwischen der slowenischen Unterrichtsministerin und ihrem italienischen Kollegen in Bologna. Für die Zusammenarbeit im Bereich des Minderheitenschulwesens wurde eine Kommission eingerichtet.2
Wieder wurde von einer Reziprozität ausgegangen.
Ebenfalls am 23.2.2022 gab es ein Treffen zwischen der österreichischen Botschafterin in Slowenien, Elisabeth Ellison-Kramer und der slowenischen Ministerin, Helena Jaklitsch. Man sprach über die Lage der slowenischen Minderheit in Österreich und über die Realisierung von slowenischen Minderheitenrechten, berichtet der ORF Kärnten (slow. Abteilung).3
Die deutsche Minderheit in Slowenien bleibt unerwähnt. Für sie gilt die Gegenseitigkeit nicht. Man will sie also weiterhin in „Vergessenheit geraten“ lassen.
Rückblick: Die deutsche Minderheit  wurde zu Kriegsende auch nach Ansicht slowenischer Historiker von den Tito-Partisanen durch Vertreibung und Tötung „vernichtet“. Boris Kidrič (slowenischer, kommunistischer Regierungschef) betonte im Dezember 1945 in Laibach, dass ihn die Rechte der deutschen Minderheit nicht interessieren, weil es „eine deutsche Minderheit nicht mehr geben“ wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es im kommunistischen Jugoslawien massive Bestrebungen, Spuren der deutschen Minderheit zu löschen und sie in Vergessenheit geraten zu lassen.4
Helena Jaklitsch pflegt als stellvertretende Vorsitzende des Domobranci-Verbandes „Nova slovenska zaveza“ die Partisanenbewegung  wegen der Liquidierung von antikommunistischen, katholischen Domobranzen scharf zu kritisieren und hält Reden an den Gräbern getöteter Partisanenopfer. Jaklitsch: „Das rote Herrschaftssystem errichtete eine feste Mauer in den Herzen und den Köpfen. Die Jugo-Nostalgiker haben die Berliner Mauer im Herzen“.5
Wenn es um die Akzeptanz der deutschen Minderheit geht, baute die slowenische Ministerin Jaklitsch in ihrem Herzen auch eine Mauer auf, obwohl sie selbst sogar deutscher Abstammung ist.  Die von den Tito-Kommunisten erfolgte Vernichtung der deutschen Minderheit in Slowenien wird also von der Ministerin nachträglich akzeptiert.
Im Vergleich zur (katholischen) Helena Jaklitsch gibt es in den Reihen des Partisanenverbandes Menschen, die sich mit der rechtlosen deutschen Minderheit in Slowenien solidarisieren. Am 12.11.2019 verlieh der Dachverband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien an Dr.Tit Turnšek (bis 2019 Vorsitzender des Slowenischen Partisanenverbandes) das Ehrenzeichen für seine Verdienste um die deutsche Minderheit in Slowenien. Tit Turnšek ist also Ehrenmitglied des Dachverbandes der deutschsprachigen Volksgruppe.6
Vor wenigen Wochen wurde der Dachverband deutscher Kulturvereine in Laibach vom slowenischen Staat gezwungen, seine private deutsch-slowenische Vereinstafel unverzüglich zu entfernen. An erster Stelle müsste nach slowenischem Recht die slowenische Vereinsbezeichnung stehen. Laut einer Information vom 29.11.2021, gerichtet an die FUEN, fühlten sich Angehörige der deutschen Minderheit in Slowenien eingeschüchtert („große Angst“).7
Die österreichische Botschafterin und die slowenische Ministerin sprachen zwar über Minderheitenthemen (s.o.), die Sorgen der deutschen Minderheit wurden aber offensichtlich nicht thematisiert, sie wurde „vergessen“.
Solange die deutsche Minderheit in Slowenien vergessen und (nur) die slowenische Minderheit in Kärnten gefördert wird, ist unsere Minderheitenpolitik verlogen, ungerecht, unmenschlich und nationalistisch.
So kann eine gute Nachbarschaft nicht funktionieren!

 

 

 

1 https://volksgruppen.orf.at/slovenci/stories/3144191/, 22.2.2022.

2 https://volksgruppen.orf.at/slovenci/stories/3144554/, 24.2.2022.

3 https://volksgruppen.orf.at/slovenci/stories/3144530/, 24.2.2022.

4 Jože Dežman, Hanzi Filipič, Heiße Spuren des Kalten Krieges, Hermagoras 2013,S. 51.
   Siehe auch die slowenische Fassung „Vroče sledi hladne vojne.

5 Demokracija, 29.8.2019, S. 33 ff.

6 Laibacher Zeitung, 15.4.2020, S. 5.

7 Mail vom 29.11.2021, adressiert an die FUEN.