Ende der Kärntner Konsensgruppe

Ende der Kärntner Konsensgruppe !?
Ende der Kärntner Konsensgruppe !?

Konflikt statt Konsens?

Info Nr. 68

19.11.2022  ZSO – Hauptversammlung des Zentralverbandes slowenischer Organisationen (ZSO). Manuel Jug wird wieder zum Obmann des linken slowenischen Dachverbandes gewählt. Der ZSO verlässt die bisherige Konsenspolitik. Die Kooperation mit der Konsensgruppe wird eingefroren.1

1. Zur Vorgeschichte
Unter dem Titel „Partisanenverband gegen Konsensweg“ berichtete die Kleine Zeitung (Andrea Bergmann) über politische Querschüsse beim ZSO vor der Wiederwahl von Manuel Jug. Der Pädagoge Jug folgte im März 2019 Marjan Sturm nach, der zum KHD und dessen Obmann Josef Feldner Brücken geschlagen und Verständnisarbeit geleistet habe. Der Partisanenverband fordere, dass der ZSO die Konsensvereinbarung mit dem KHD, dessen Obmann jetzt Andreas Mölzer ist, aufkündigt. Marjan Sturm kennt diese Kritik seit Langem: „Sie kommen von Kommunisten und Udba-Leuten, das waren schon Immer Dialogverweigerer. Sie leben vom Konflikt“.2
Manuel Jug stimmte noch am 16. 9. 2022 im Rahmen des KHD- Symposions zum Thema „Friedensregion Alpen-Adria“ mit Sturm überein. Laut RTV-Slovenija sagte Jug, dass sich die Situation in Kärnten im letzten Jahrzehnt wesentlich gebessert habe. Und dies sei das Verdienst der Konsensgruppe. Wie Jug berichtete, treten auch unter den Kärntner Slowenen zahlreiche Gegner des Kompromisses aus dem Jahre 2011 auf,denn sie leben von den Konflikten“.3

2. Einflussnahme des Partisanenverbandes
Manuel Jug suchte vor der Hauptversammlung das Gespräch mit dem Obmann des Partisanenverbandes Milan Wutte. Funktionäre des Partisanenverbandes sind u.a.: Danilo Prušnik, Andrej Mohar, Valentin Sima, Franz Konzilia, Franc-Jožef Smrtnik…4
Nach der Aussprache dürfte der (bisher) konsens-orientierte Volksgruppenpolitiker, offensichtlich unter dem Druck des Partisanenverbandes, seine politische Strategie revidiert haben. Jug: „Im Allgemeinen haben der Dialog in Kärnten und der Dialog mit dem KHD die Atmosphäre verbessert und bestimmte Fortschritte gebracht. (…) Die Konsensgruppe hat ihre Aufgabe erledigt. Karner war mehr Moderator als Mitglied. Stritzl ist gestorben. Sturm und Feldner sind aber heute nicht mehr Vorsitzende von Organisationen. Ihre Arbeit war bedeutend, aber die Politik (!) gibt der Konsensgruppe nicht mehr die Bedeutung wie ehemals. (…) DESKAN ist ein Koordinationskörper innerhalb der SPÖ und hat keine besondere Bedeutung“.

3. Hauptversammlung und die Abkehr von der Konsensgruppe
Die Kooperation mit der Konsensgruppe wurde eingefroren“, heißt es im Bericht über die Hauptversammlung. Zum „Moratorium“ der Kooperation mit der Konsensgruppe gab es keine Abstimmung. Diesbezüglich wurde allerdings eine Reformkommission eingerichtet.5

Manuel Jug und Ana Blatnik sind im Übrigen bedeutende Kärntner SPÖ-Politiker. Es hat also auch die SPÖ-Landespolitik das Ende der Konsensgruppe bzw. einer Konsenspolitik akzeptiert bzw. nicht verhindert. LH Peter Kaiser verlieh am 9.11.2022 an Auguštin Brumnik, den Obmann-Stellvertreter des ZSO, das Große Goldene Ehrenzeichen des Landes. Brumnik sei ein „Brückenbauer in der Gesellschaft“, habe mit all seinem Engagement zu mehr Verständnis und Toleranz in einem Bundesland mit zwei Sprachen beigetragen, so Kaiser.6
Da viele Funktionäre und Mitlieder des ZSO, aber auch des Partisanenverbandes,  in Kärntner Landtagsparteien vertreten sind, ist für die Abkehr von der Konsenspolitik auch die Landespolitik verantwortlich.  Die „Kommunisten und Udba-Leute“, die als Dialogverweigerer gelten, konnten sich also durchsetzen und die Abkehr von der politischen Konsenspolitik erzwingen. 

Abgesehen davon dürfte die Zivilgesellschaft für die Durchsetzung von slowenischen Forderungen nicht mehr dienlich sein. Slowenischnationale Funktionäre suchen und finden genügend Ansprechpartner bei den Parteien: In der Kärntner SPÖ stehen insbesondere LH Peter Kaiser, Manuel Jug und  Ana Blatnik zur Verfügung. Beim Team Kärnten vertritt Lojze (Alois) Dolinar slowenische Interessen, Franc Jožef Smrtnik (slowenische Einheitsliste, Vizebürgermeister von Bad Eisenkappel) kandidiert bei den nächsten Landtagswahlen ebenfalls für das Team Kärnten. Olga Voglauer ist als Parteivorsitzende der Grünen eine erfahrene slowenische Aktivistin und bei der KPÖ ist seit Jahrzehnten Mirko Messner in Minderheitenfragen tonangebend.
Slowenische Interessen werden von den einzelnen Parteipolitikern und -politikerinnen in den meisten Fällen ohne Wahrnehmung der Mehrheitsbevölkerung durchgesetzt.
Im Rahmen der Kärntner Konsensgruppe wäre es zweifellos nicht gelungen, im neuen Kärntner Landesmuseum „Koroški muzeum Celovec“ Slowenisch als „zweite Landessprache“ zu positionieren.7 Das hat man nur der „slowenenfreundlichen“ Landespolitik zu verdanken.

4. UDBA-Leute, konkret
Peter Wieser
(ZSO-Mitglied) kritisiert, dass die „Wende“ in der Politik des ZSO vor allem das Resultat der Aussprache mit Milan Wutte sei. Sturm habe tatsächlich über die „Kommunisten und Udba-Leute“ schiach gesprochen. Der Wahrheit zuliebe habe seine Aussage aber auch einen wahren Kern. Wir müssten uns damit auseinandersetzen. Die diesbezüglichen Beweise seien im Archiv der Republik Slowenien aufbewahrt.  Wieser:Ich möchte nur zwei Dokumente in Erinnerung rufen, die der Öffentlichkeit schon lange bekannt sind. Das erste Dokument vom Ende der 1970er Jahre besagt, dass zu dieser Zeit folgende operative Positionen des Staatssicherheitsdienstes (SDV), wir nennen ihn UDBA, im benachbarten Ausland fungierten: Österreich: 72 (40 Mitarbeiter, 32 Quellen), davon 32 in Klagenfurt (…). Im zweiten Dokument scheinen in Kärnten 34 Positionen des SDV bzw. der geheimen politischen Polizei auf. Sie haben schöne geheime „partisanische“ Namen. Jeder „deckte“ (= observierte) mehrere „Objekte“ ab. Ich erwähne nur einige Beispiele: „Matevž“ war für 26 Objekte zuständig, „Jozej“ für 18, „Mirko“ observierte 17, „Borut“ 19, „Karantanski“ ebenfalls 19, „Svarun“ 22, „Gregej“ 18, „Gaber“ 20 und „Vito“ 15.
Im Verzeichnis sind zusammen 42 „Objekte“ angeführt, darunter folgende: ZSO (mit 19 operativen Positionen, also wurde der ZSO von 19 Mitarbeitern observiert), mehr waren nur beim KHD: 24. (…) Rat der Kärntner Slowenen 17, der Studentenverband und das (slowenische) Gymnasium 11, die Hermagoras 3 (…). Es ist nicht glaubwürdig, dass es sich bei den „operativen Positionen“ in den slowenischen Organisationen und anderen Einrichtungen um Menschen außerhalb der slowenischen Reihen handelt. Auch dieser Wahrheit müssen wir öffentlich in die Augen blicken“,
so Wieser.8

In der Literatur werden die Klarnamen dieser UDBA-Agenten genannt.9 Die UDBA-Aktionen wurden auch vom slowenisch-jugoslawischen Generalkonsulat in Klagenfurt unterstützt. Beispielsweise wurde das technische Equipment für den Einbruch in die KHD- und KAB-Räumlichkeiten im April 1973 vom slowenischen Konsul Branko Č. beschafft.10
Ein Faktencheck
ergibt, dass die mit ihren Geheimdienstnamen angeführten Udba-Leute (s.o.) generell Aktivisten der slowenischen Minderheit sind: „Matevž“ (=Marjan P.), „Mirko“ (=Josef D.), „Karantanski“ (= Siegfried S-), „Gaber (=Siegfried F.). Auch der Obmann des Kärntner Partisanenverbandes selbst, Milan W. („Svarun“), scheint in der Literatur als Mitarbeiter der Udba auf. Svarun hat weiterhin einen großen Einfluss auf die Landespolitik. Der Udba-Mitarbeiter „Borut“ (Janko K.) fungiert als Redakteur der Wochenzeitung Novice und übt somit einen Einfluss auf die Meinungsbildung in Kärnten aus. „Gregej“ (Christian Sch.) ist im Bankwesen führend aktiv. „Vito“ (Felix W.) ist weiterhin im Rahmen des Slowenischen Wirtschaftsverbandes (SGZ) federführend tätig.11
Die Rolle des UDBA-Mitarbeiters Vito  wurde anlässlich eines Gerichtsverfahrens im Jahre 2017 öffentlich gemacht.12 Zwischenzeitlich werden keine diesbezüglichen Gerichtsprozesse mehr angestrengt, da Beamte des Slowenischen Staatsarchivs die Authentizität der „Zentralen Aktiven Evidenz (CAE)“ bestätigten. Dieses UDBA-Verzeichnis wurde unter www.udba.net veröffentlicht.
UDBA-Leute arbeiten heute in der Landesverwaltung. Auch beim ORF waren/sind UDBA-Leute platziert bzw. sie konnten Familienangehörige im Unternehmen unterbringen. Udba-Leute üben bzw. übten an der Klagenfurter Universität und in der Kirche einen Einfluss aus.
Der Rat der Kärntner Slowenen (Obmann: Valentin Inzko) wird gemeinsam mit dem Christlichen Kulturverband (KKZ, Obmann; Janko Krištof) am 24.1.2023 den 44. Tischler-Preis an Milka K. vergeben.13 Benannt ist der Preis nach Joško (Josip) Tischler, dem Gründungsobmann des Rates der Kärntner Slowenen. Tischler wird im UDBA-Verzeichnis als „ehemaliger Mitarbeiter“ geführt.14  Der von der katholischen Kirche gestützte Rat der Kärntner Slowenen (NSKS, Obmann: Valentin Inzko) hat sich der vom Partisanenverband initiierten Abkehr vom uneingeschränkten Dialog  angeschlossen und dem ZSO-Obmann Manuel Jug „zum Einfrieren der Kooperation mit dem KHD im Rahmen der Kärntner Konsensgruppe“ gratuliert. „Das sind nicht unsere Freunde, so der NSKS wenig christlich.15

Die UDBA-Leute manipulierten die Situation der Slowenen in Kärnten, meinte im Jahre 2017 der slowenische Journalist Gašper Blažič im Hinblick auf Fehlinformationen im Zusammenhang mit der Verankerung der slowenischen Volksgruppe in der Kärntner Landesverfassung. Die UDBA gebe es auf dem Papier nicht mehr, der Geist sei aber geblieben. Der Autor geht von einem titoistischen Netzwerk aus und spricht von „Paten aus dem Hintergrund“.16
Der kritische Befund des slowenischen Geschichtsprofessors Stane Granda dürfte nicht nur für Slowenien, sondern auch für Kärnten von Interesse sein. Granda; „Die Situation in Slowenien ist äußerst ernst. Die ganze Zeit seit der Eigenständigkeit ist die Demokratie in Gefahr. Mit der Demokratie haben sich die alten Kräfte niemals abgefunden. Nun wollen sie die Demokratie mit Hilfe  „ziviler Bewegungen“ umbringen. Das sind Verbindungen von Nachkommen der alten kommunistischen Eliten, die ihre Positionen in den Medien, im Bankwesen und im Schulbereich niemals verloren haben. (…) Sie sind Meister der politischen Gewalt und der Manipulation“.17

5. Geschichte der Udba18
Im August 1941 wurde in Slowenien die erste kommunistische Geheimpolizei (VOS) mit dem Ziel gegründet, vermeintliche politische Widersacher zu bekämpfen bzw. zu liquidieren (ermorden). Unmittelbar nach der Gründung kam es bereits zu ersten Erschießungen. Umgangssprachlich hat sich für die Geheimpolizei die Bezeichnung „UDBA“ bis heute durchgesetzt. Mit der Organisation des Nachrichtendienstes „UDBA“ wurde die kommunistische Aktivistin Zdenka Kidrič-Marjeta betraut. Auch sie wurde in Moskau ausgebildet. Tito formierte im Mai 1944 den Sicherheitsdienst nach sowjetischem Vorbild. Man schickte kampferprobte Parteimitglieder nach Moskau, wo sie einer Schulung zur Bildung einer kommunistischen Geheimpolizei unterzogen wurden.19
Nach Kriegsende wurden zwischen 14.000 bis 18.000 Slowenen mit jugoslawischer Staatsbürgerschaft ermordet. Es war dies weniger eine Strafaktion an vermeintlichen Kollaborateuren und in anderer Weise wirklich Schuldigen. Es ging vielmehr um eine gewaltige Einschüchterungs- und Vernichtungsaktion gegen politisch Andersdenkende, gegen jene also, die andere Vorstellungen als die Kommunisten von der Zukunft hatten, so die slowenische Historikerin Tamara Griesser-Pečar. In diesem Sinne kam es im Mai 1945 auch in Kärnten bis zum Abzug der Tito-Partisanen zu Verschleppungen und 96 Ermordungen.
Im Jahre 1966 wurden die Geheimdienste in den einzelnen jugoslawischen Republiken eigenständiger. Damit war die slowenische UDBA in der Lage, ihren Geheimdienstterror auf Kärnten auszuweiten. Titos Geheimpolizei inszenierte gezielt Desinformationen und Sprengstoffanschläge, um einen wachsenden Neonazismus in Kärnten vorzutäuschen. Es war aber der jugoslawische Geheimdienst UDBA selbst und mit ihm den eigenen und anderen Absichten dienende Helfershelfer aus der slowenischen Minderheit, aber auch aus Kreisen der Mehrheitsbevölkerung, die Sprengstoffanschläge ausführten und Schmierkampagnen organisierten. Auch der „Ortstafelsturm“ im Jahre 1972 wurde von der UDBA beeinflusst.
Erst im Juli 2010 räumten Verfassungsschützer nach einer anonymen Anzeige das Waffen- und Sprengstoffdepot auf dem Anwesen K. in Bleiburg/Schilterndorf . In diesem Versteck befanden sich „Teile“ des Sprengstoffes und auch Waffen. Die Namen der 5. Kolonne wagte der anonyme Anzeiger nicht zu nennen, da „diese Personen noch am Leben und in wichtigen Positionen sind“. Das aufgefundene Waffen- und Sprengstoffdepot untermauere die These des kriegerischen Szenarios. Kärntner slowenische Aktivisten der „SORA“, eines für Kärnten zuständigen Unterzentrums der UDBA, erlernten unter kriegsähnlichen Bedingungen in militärischen Lagern am Bachern (Pohorje) bei Marburg und in Poreč das Handwerkzeug eines im Untergrund operierenden terroristischen Stoßtrupps. Kärnten schrammte – vereinfacht gesagt – knapp an einem Bürgerkrieg vorbei, der möglicherweise eine militärische Intervention impliziert hätte, heißt es in der Studie „Titos langer Schatten“ (S. 14, 15, 759).
Die SORA-Leute sollten eine Spezialbewaffnung erhalten: Dazu gehörten Pistolen mit Schalldämpfern und Maschinenpistolen. Mit verschiedenen Mitteln (Vergiftungs-,Betäubungs-und Erstickungsmittel, Tränengas…) sollte ein „schnelles Außerkraftsetzen“ bzw. eine unbemerkte Tötung ermöglicht werden. Man wollte „Krieg spielen“, so der slowenische UDBA-Experte Igor Omerza.20
Die Kärntner UDBA-Leute schweigen zum Terror des UDBA-Geheimdienstes.

 6. Konfrontation statt Konsens ?
Die bewusste Abkehr vom Konsens könnte wieder eine Konfrontationsphase einleiten:
Wir haben es hier mit einer „selbsterfüllenden Prophezeiung“ zu tun. Die Prophezeiung des Ereignisses führe zum Ergebnis der Prophezeiung, so Paul Watzlawick in seiner bezeichnenden „Anleitung zum Unglücklichsein“. Watzlawick: „Je mehr eine Nation (sinngemäß: Volk, Volksgruppe, Volksgemeinschaft…) sich vom Nachbarn bedroht fühlt, desto mehr wird sie zu ihrer Verteidigung rüsten, desto mehr wird die Nachbarnation ihre eigene Aufrüstung für das Gebot der Stunde halten“. Der Ausbruch des (längst erwarteten) Konflikts sei dann nur noch eine Frage der Zeit. Die Folge wird also zur Ursache.21
Mit der Abkehr vom Konsens ist eine Vertiefung von völkisch-nationalen Ab- und Ausgrenzungen zu befürchten. Der Nationalismus braucht Bedrohungsszenarien, Verschwörungstheorien und Feindbilder. Andreas Moritsch: „Alle nationalen Ideologien haben kulturelle und politische Ab- und Ausgrenzungen zum Ziel. Das steht der Vereinigung Europas entgegen“.22
Das Trennende (Feind) wird also vor das Verbindende (Freund) gestellt, um die „Volksgemeinschaft“ (narodna skupnost) zu festigen. Keine Konfrontationen: das lähme die slowenische Volksgruppe, lautet eine nationalistische Devise (s.u.). 

7. Dialog, Konsens, Wahrheitsfindung…
Im Jahre 2017 war Dechant Janko Krištof bemüht, die Geschichte der Tito-Partisanen und somit auch des Geheimdienstes UDBA aufzubereiten. Damit entsprach der Priester auch der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. 4.2009, wonach es keine Aussöhnung ohne Wahrheit und Erinnerung geben kann. Man müsste daher eine tiefgreifende Debatte über die Verbrechen der faschistischen und kommunistischen Verbrechen führen. Krištof: „Auf slowenischem Boden hat in der Kriegszeit nicht nur ein Volksbefreiungskrieg, sondern unter seinem Mantel auch eine blutige kommunistische Revolution stattgefunden. Dies war der schlimmste Anschlag auf die slowenische Kirche“.23
Die Position des Pfarrers Krištof wurde in Leserbriefen von Lojze Dolinar, Hanzi Filipič, Toni Olip und Karl Hren geteilt. Demnach habe der Geheimdienst der Partisanen bereits im Jahre 1941 damit begonnen, gezielt Klassenfeinde und stellenweise sogar ganze Familien und Kinder zu ermorden. Worin bestünde also ein Unterschied zwischen den Nazis und den Kommunisten, wird in einem Leserbrief gefragt.24
Nach Ansicht des Kärntner Partisanenverbandes (Sekretär: Andrej Mohar, ORF-Redakteur i.R.) habe Pfarrer Krištof die Geschichte im Sinne der katholischen Kirche in Slowenien verfälscht. Die Kirche wolle ihre Mitglieder von jedweder Schuld reinwaschen und aus Verrätern Opfer machen.25
Emanuel Polanšek (Chefredakteur der Wochenzeitung Novice) stoppte am 7.12.2017die Meinungsbildung über die strittige Rolle der Tito-Partisanen und seines Geheimdienstes UDBA. Polanšek: „Die verhärteten Fronten, die man nicht überhören kann, lassen keine Diskussionskultur erwarten. Deshalb werden wir Leserbriefe, solange nicht ein anderer Geist wehen wird, in der Zeitung nicht veröffentlichen“.
Janko Krištof kam zur Schlussfolgerung, „dass ein Forum nötig wäre, wo wir uns mit dieser Frage offen und kritisch beschäftigten und einen gemeinsamen Weg suchten“.26
Auch der slowenische Bischof Andrej Saje forderte einen „Konsens zwischen allen Beteiligten“ als er im September 2022 die Karsthöhle von Macesnova Gorica im Gottscheer Hornwald (Kočevski Rog) besuchte. Dort werden Ausgrabungen durchgeführt, um die Überreste von mindestens 3.000 Männern und Burschen zu finden, die im Juni 1945 dorthin gebracht und ermordet worden sind. Die Kriegsverbrechen und Massenhinrichtungen, die von kommunistischen Tito-Partisanen begangen wurden, werden in Slowenien erst seit einigen Jahren wissenschaftlich erfasst. In Slowenien müsse zunächst ein Konsens zwischen allen Beteiligten über die historischen Fakten erzielt werden, was für die Fortsetzung des Versöhnungsprozesses unerlässlich sei, so der slowenische Bischof, der einige Jahre in Kärnten (Zell Pfarre) als Priester tätig war.27 Von der Kärntner Kirche wird derzeit die Position des slowenischen Bischofs Andrej Saje offensichtlich nicht unterstützt.

Auch in der Landespolitik findet man „Dialogverweigerer“. Beispielsweise vertritt der neue Kandidat des Team Kärnten Franc Jožef Smrtnik (bisher Vorstandsmitglied des Partisanenverbandes) eine traditionelle nationalpolitische Position. Smrtnik: „In den letzten 15 oder zwanzig Jahren gab es fast keine Konfrontationen und keine Demonstrationen mehr und das lähmt die slowenische Volksgruppe“.28

Die bevorstehenden Landtagswahlen am 5.3.2023 lassen erwarten bzw. hoffen, dass die eine oder andere Partei bei ihrer Wahlwerbung gegen das völkisch-nationale Säbelrassen auftreten und eine Konsens- und Versöhnungspolitik thematisieren wird.
Kärnten braucht eine neue Minderheitenpolitik. Dialogverweigerer und völkisch-nationale Verschwörungstheoretiker sollten  weder in der Landespolitik noch in der Kärntner Zivilgesellschaft einen Platz haben.  

 

 

1 Novice, 25.11.2022, S. 1, 2.

2 KZ, 7.11.2022, S. 12.

3https://www.rtvslo.si/avstrija/manuel-jug-nasprotniki-kompromisa-zivijo-od-konfliktov/64134, 19.10.2022 (Tomaz Verdev).

4 https://www.partizani.at/index.php/odbori. Abruf: 5.12.2022.

5 Novice, 25.11.2022, S. 2, 3.

6 https://www.gv.at/Politik/Landesregierung/LH-Dr-Peter-Kaiser, 9.11.2022.

7 Novice, 18.11.2022, S. 3; Mirjam Resztej stellt als Kärntner Slowenin und als Bedienstete des Landesmuseums mit Freude fest, dass das Slowenische als zweite Landessprache in der neuen ständigen Ausstellung sichtbar und hörbar ist. Quelle: Novice, 25.11.2022, S. 4.

8 https://www.novice.at/politika/jug-prepricljivo-potrjen-za-predsedn…, 21.11.2022.

9 Titos langer Schatten, Klagenfurt 2015; Centralna aktivna evidenca: www.cae-udba-net (Zentrale Evidenz der UDBA); Dušan Lajovic, Med svobodo in rdečo zvezdo, Ljubljana 2003; Igor Omerza, BombenAttentate, Hermagoras 2012.

10 Titos langer Schatten, S. 610.

11 Vito (Felix W., Slowenischer Wirtschaftsverband, SGZ) regte die Gründung eines Kooperationsgremiums der Wirtschaftsverbände der slowenischen Volksgruppen im benachbarten Ausland an. Am 13.12.2022 wurde dieses Abkommen in Lipica vom ZGZ-Obmann, Benjamin Wakounig, unterzeichnet. Die Kooperationsidee wurde aber von seinem Stellvertreter Felix Wieser erläutert. Wie Wieser erklärte, habe sich in den letzten Jahren „endlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir in einem gemeinsamen (slowenischen) Wirtschaftsraum leben“. Noch mehr, so Felix Wieser: „Wir leben in einem gemeinsamen Infrastruktur-. Medien-, Bildungs- und ökologischen Raum, und nur gemeinsam können wir die Herausforderungen lösen“.
Quelle: https://volksgruppen.orf.at/slovenci/stories/3186467/,15.12.2022.
Felix W. (Vito) organisiert im Rahmen des Slowenischen Wirtschaftsverbandes auch eine grenzüberschreitende wirtschaftliche Vernetzung der slowenischen Jugend MAJ („Mreža Alpe-Jadran“) im Alpen-Adria-Raum. Quelle: Novice, 18.12.2022, S. 5.
Es stellt sich die Frage nach der Loyalität.   

12 Affäre um Titos-Spione: Freispruch für Aufdecker, formulierte die Kronen Zeitung, 4.2.2017, S. 19;
KZ, 4.2.2017, S. 18.

13 https://volksgruppen.orf.at/slovenci/stories/3187178/, 20.12.2022.

14 www.udba.net: Nr. 956806, Josip Tischler, geb.: 8.5.02, Professor, Wohnsitz: Klagenfurt, Linsengasse; Dossier: 0001574- 00000, 0055000-00000.

15 https://volksgruppen.orf.at/slovenci/3187327/, 21.12.2022.

16 www.demokracija.si/fokus/kako-proti-obcevalci-krojijo-polozaj-slovencev-n…, 25.2.2017.

17 Demokracija, 8.12.2022, S. 21.

18 Titos langer Schatten, 2015, S. 708, 458, 459, 609, 136 ff; Tamara Griesser-Pecar, Das zerrissene Volk, Slowenien 1941-1946, 2003, S. 515, 383 ff;

19 Die Taktik des russischen Geheimdienstes in der Ukraine des Jahres 2022 stimmt daher im Wesentlichen mit der Vorgangsweise der UDBA in den 1970er Jahren in Kärnten überein. Von beiden „verwandten“ Geheimdiensten wird beispielsweise Gift eingesetzt. Ein Hinweis: Ein 39-jähriger Grieche mit russischen Wurzeln soll jahrelang von Wien aus für den Kreml spioniert haben. Der Spion bezog  im Jahre 2022 Sozialhilfe. Quelle: KZ, 20.12.2022, S. 12. Slowenischen Medien konnte entnommen werden, dass auch Slowenien und Kroatien im Zusammenhang mit der strittigen Grenzfrage gegenseitige Spionage (Telefone werden abgehört) betreiben. Es ist davon auszugehen, dass auch Kärnten für Slowenien weiterhin von besonderem Interesse ist.

20 Igor Omerza, BombenAttentate, Mohorjeva 2012, S. 426-429.

21 Paul Watzlawick, Einleitung zum Unglücklichsein, München 1983, S.60; Paul Watzlawick,Franz Kreuzer, Die Unsicherheit unserer Wirklichkeit, München 1981, S. 23.

22 Andreas Moritsch, Nationale Ideologien in Kärnten, in: Kärntner Slovenen – Koroški slovenci 1900-2000, Klagenfurt, Ljubljana, Wien 2000, S. 28.

23 Novice,  17.11.2017, S. 2.

24 https://www.novice.at/forum…, 9.12.2017.

25 Novice, 24.11.2017, S. 10.

26 Novice 7.12.2017, S. 4.

27 https://www.katholisch.at/aktuelles/140224/slowenien-bischof-saje…, 29.9.2022.

28 Kärnten liegt am Meer, Drava Verlag und Verlag Heyn 2012, S. 179.